Eine dieser Mauern, die ich mir selbst im Laufe der Jahre errichtet hatte, war meine Abhängigkeit von Alkohol und Drogen. Wenn König Alkohol, Drogen und/oder Pillen dich im Griff haben, ist es vorbei mit der Freiheit. Sie diktieren dir jeden beschissenen Tag, wo es lang geht. Der Wunsch nach meiner persönlichen Freiheit war nie ganz weg - ich wusste nur lange Zeit nicht, wie ich aus diesem Teufelskreis herauskomme.

Abstürze, Kündigungen, zerbrochene Beziehungen und Freundschaften, Entgiftungen, LKH, Therapie - schlussendlich brachte mich das alles dann irgendwann dahin, einen bestimmten Satz mit dem letzten Fünkchen klaren Verstand zu erfassen: "Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind und unser Leben nicht mehr meistern konnten." [1. Schritt der Anonymen Alkoholiker] Nachdem ich diesem Schritt gegangen war, konnte ich mit Hilfe der Freundinnen und Freunde in den Meetings und meiner höheren Macht 24 Sunden trocken bleiben - ich fing wieder an zu leben! Das klappt bis heute, was morgen kommt werde ich sehen, von gestern kann ich nur noch lernen.

Und noch etwas:
Wer seine Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen,
wird am Ende beides verlieren.

Wenn ich mal wieder eine Auszeit brauche, wenn es mal wieder soweit ist, dass mir alles und jeder auf den Keks geht, gibt es für mich nur ein Ziel: Die Insel für's Leben! Dieses Gefühl, mit dem Ablegen der Fähre auf Bensersiel alles für eine kurze Zeit hinter sich lassen zu können, ist schwer zu beschreiben. Wenn ich dann 2 Stunden später auf den Dünen von Langeoog stehe und nur noch das offene Meer vor mir habe - Sand zwischen den Zähnen und den Wind im Gesicht - fange ich an, wieder runter zu kommen, stellt sich langsam wieder dieses Gefühl von Ruhe, Gelassenheit und Freiheit ein.

Ich habe vor Jahren mal gelesen, dass uns Menschen das Meeresrauschen unbewusst an unseren Aufenthalt im Mutterleib erinnert. Wir spüren Geborgenheit, sind beschützt und versorgt, haben Zeit, uns zu entwickeln. Genau das empfinde ich, wenn ich abends am Wasserturm die Sonne am Horizont untergehen sehe. Danke an meine höhere Macht, dass es diesen für mich immer wieder wichtigen Rückzugspunkt gibt und ich dort wieder auftanken und ich selbst sein kann.